Aktuelles


»Multikulti?«

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Das Parlament, 2002

Spät gemerkt: Ohne Integration wenig Zukunft

Dass es um das Miteinander der Kulturen in deutschen Großstädten nicht zum Besten steht hätte man nicht nur wissen können. Sondern auch verhindern. Lange vor Pisa. Lange vor der Jahrtausendwende.

Man kann sich mit Recep Celik über alles mögliche unterhalten, aber nicht über den Stand der multikulturellen Gesellschaft. Er weiß nämlich überhaupt nicht, was das sein soll: „Kenn ich nicht,“ sagt er, „davon lese ich höchstens in der Zeitung. Ich bin Türke. Ich lebe in Deutschland. Ich lebe hier gerne. Urlaub mache ich in der Türkei. Auch gerne. Fertig.“

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Post-Pisa in Bremen

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Frankfurter Rundschau, 2004

Pisa an der Weser

Pisa I platzierte Deutschland auf einem skandalösen 21. Platz – und den Stadtstaat Bremen weit abgeschlagen auf dem allerletzten Platz der Bundesländer. Drei Jahre später ist man dort immer noch mit der Ursachenforschung beschäftigt. Und hat längst nicht alle Fragen beanwortet.

Wenn man so da sitzt und Heike Gruben beobachtet, fragt man sich, was eigentlich das Erstaunlichste an ihr ist. Dass sie erst 31 ist und mit ihrer knallblonden Kurzhaarfrisur in jedem Lehrerzimmer den gefühlten wie tatsächlichen Altersdurchschnitt senkt? Dass von den 23 Kindern im Raum nur zwei zuhause deutsch sprechen? Dass sie Erst- und Zweitklässler gemeinsam unterrichtet, die einen also lesen können, die anderen nicht? Oder dass es der jungen Lehrerin tatsächlich gelingt, im Flüsterton zu unterrichten.

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Neukölln: Elternarbeit

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Süddeutsche Zeitung, 2007

Mit den Eltern zum Erfolg

Schulen mit vielen Kindern aus Migrantenfamilien brauchen Moderatoren, die sprachlich und kulturell vermitteln können.

Es gab Zeiten, da war Younes Kheir vor allem gastronomisch engagiert. Er betrieb einen libanesischen Imbiss, mit dem er sich auskannte; sein Sohn besuchte eine deutsche Schule, mit der Kheir sich nicht auskannte. Irgendwann beschloss er, einen Blick in die Schule seines Kindes zu werfen. Und er stellte fest: Es gab viel zu tun. Deutsche Lehrer unterrichteten dort Schüler aus Familien, mit denen sie nicht oder nur unter Inkaufnahme größter Missverständnisse sprechen konnten. „Selbst wenn Schule und Eltern sich trafen, redeten sie immer aneinander vorbei“, erinnert er sich, „niemand verstand wirklich, was der andere wollte.“

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»Gewalt ist Macht«

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Das Parlament, 2007

»Gewalt vermittelt das Gefühl von Macht«

Vor fünf Jahren wird Marinus Schöberl brutal ermordet. Nach Theaterstück und Film hat Andres Veiel das Buch über Täter und Opfer publiziert.

Am 12. Juli 2002 wird der 16-jährige Marinus Schöberl im brandenburgischen Potzlow von zwei Brüdern und einem Dritten über Stunden gequält. Am Ende bringen die 17- und 23-Jährigen ihn zu einem Schweinestall. Marinus muss in einen Trog beißen, dann ermordet ihn einer der Brüder per „Bordsteinkick“: Er springt mit Stiefeln auf seinen Kopf. Die Täter vergraben ihr Opfer in einer Jauchegrube. Der Mord bleibt über Monate unentdeckt. Der Filmemacher Andres Veiel reiste mit der Dramaturgin Gesine Schmidt immer wieder nach Potzlow und sprach mit allen, die reden wollen.

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Jutta Allmendinger

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Frankfurter Rundschau, 2009

Im Porträt: Jutta Allmendinger

»Frauen, lernt Zigarren rauchen«

Man kann Dinge bekanntlich immer so oder so sagen. Besonders in der Wissenschaft. Kann endlos an Formulierungen feilen, damit sie am Ende sehr ausgewogen, sehr lang und manchmal auch sehr langweilig sind. Man kann aber auch Sätze sagen wie: „Wir haben ein echtes Männerproblem.“ Oder: „Frauen, lernt Zigarren rauchen und setzt euch zu den Männern!“ Oder: „Der Heiratsmarkt ist für Frauen immer noch lukrativer als der Arbeitsmarkt.“ So ist Jutta Allmendinger. In drei von vier Fällen kommt sie spät, sehr spät, irgendwohin, wo sie längst erwartet wird. Mit wehendem Mantel, wehenden Haaren; raumgreifend, präsent, noch bevor sie einen Ton von sich gegeben hat.

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»Punk ist Politik«

AKTUELLES | Jeannette Goddar |

Das Parlament, 2009

»Im Kleinen kann jeder etwas bewegen«

Silvia Hable ist eine Vertreterin der linken Protestbewegung. Die 25-jährige macht sich stark für ein alternatives Leben und eine gerechtere Weltwirtschaft – hält nichts von Hierarchien und scheut sich auch nicht vor extremen Positionen.

Sie sind 25 – und haben eine Autobiografie über ein Leben geschrieben, das nicht viel ausgelassen hat: an Rebellion, Protest und alternativen Wohnformen, an illegalen Substanzen und Aktionen. Was hat Sie zum Schreiben gebracht?

Als vor ein paar Jahren ein ARD-Film über mich gedreht wurde, der „Ich war das perfekte Kind“ hieß, habe ich mich ein bisschen geärgert. Immer ging es nur um die Ausreißerin, und wie es ihr und ihren Eltern damit geht. Dass hinter meiner Suche nach einem alternativen Leben auch eine politische Idee steckte, kam viel zu kurz. Ich fand es spannend, einen selbstironischen Blick auf diese Suche zu werfen und das Lebensgefühl einer Generation festzuhalten. Es gibt viel mehr Jugendliche wie mich, als die Gesellschaft vielleicht meint. Und es gibt mehr Protest, als behauptet wird.

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